Hierarchische Strukturen in Unternehmen: flache und steile Hierarchien
Es ist zunächst nötig zu klären, was wir unter einer „Hierarchie“ verstehen. Unter einer Hierarchie verstehe ich die „Über- und Unterordnungsverhältnisse in Gruppen“. Dabei sind „flache“ und „steile“ Hierarchien zu unterscheiden. Eine flache Hierarchie liegt dann vor, wenn Individuen innerhalb der Teams eigenverantwortlich arbeiten können und die Kommunikationswege im Unternehmen direkt sind.
Etwas vereinfacht dargestellt hieße das: Der Fliesbandarbeiter Josef K. arbeitet in einer Fabrik am Montageband. Er ist mit den Arbeitsbedingungen unzufrieden. Mit seinen Verbesserungsvorschlägen wendet er sich direkt an den Vorstand. Der Vorstand hört sich das Problem an, hält Rücksprache mit einem Berater und teilt Herrn Kreidler das Ergebnis mit.
Anders sähe dies in einem Unternehmen aus, dessen Aufbauorganisation durch steile Hierarchien geprägt ist: Fabrik Mitarbeiter K. macht seiner Unzufriedenheit zunächst bei seinem Gruppenleiter Luft. Dieser leitet die Beschwerde an den zuständigen Abteilungsleiter weiter. Der wiederum dem Hauptabteilungsleiter und der berichtet dann dem Vorstand. Der Vorstand entscheidet, teilt die Entscheidung dem Hauptabteilungsleiter mit, dieser wiederum dem Abteilungsleiter… Das Verfahren bei der steilen Hierarchie erinnert wohl den einen oder anderen an „Flüsterpost“. Nicht zu unrecht. Dennoch haben beide Organisationsformen Vor und Nachteile.
Die Vor- und Nachteile hierarchischer Organisation zu erörtern ist äußerst kompliziert. Es liegt auf der Hand, dass das Bedürfnis nach und die Effektivität der Führung selbst von den Merkmalen der Gruppe und der Situation abhängt. Dennoch postulieren Wilke und Knippenberg (vgl. Stroebe 1996, S. 494 ff.), dass flache Hierarchien dann unangebracht sind, wenn der Erfolg der Gruppe gefährdet ist oder wenn die Ergebnisse der Gruppe inequitabel verteilt sind.
Eine weitere, wichtige Erkenntnis ist, dass das Bedürfnis nach Führung und Hierarchie mit der Gruppengröße steigt. In großen Gruppen werden Koordination und Motivation der Gruppenmitglieder zu einem „Problem, das mit Hilfe der Einsetzung eines Führers gelöst werden kann“ (Wilke und Knippenberg 1996, S. 495).
Konsequenterweise benötigt eine Gruppe keine rigide Führung, wenn die Gruppe erfolgreich agiert und die Erträge gerecht verteilt werden. Eine steile Hierarchie ist weiter unangebracht, wenn die Mitarbeiter sehr kompetent sind, ein großes Bedürfnis nach Unabhängigkeit haben und das Gefühl einer professionellen Identität. Dies entspricht nun fast exakt der Definition unseres zeitgemäßen Menschenbildes. Aus diesem Grund können wir Unternehmen mit flachen Hierarchieebenen auch als modern und zeitgemäß ansehen. Damit werden aber auch an die Kommunikations- und Informationssysteme neue Anforderungen gestellt.