Innere Arbeitsmodelle in der Bindungstheorie
Bindungsforscher gehen davon aus, dass Kinder auf der Basis wiederholt erfahrener typischer Interaktionsmuster mit ihren Bezugspersonen Erwartungen über zukünftige Interaktionen ausbilden. Solche Erfahrungen, wie die Bindungspersonen funktionieren, werden vom Kind zunehmend verinnerlicht und in ein Gesamtbild integriert.
Personen entwickeln eine mentale Repräsentation von Bindung. Diese so genannten Arbeitsmodelle speichern vergangene Erfahrungen, ermöglichen aber auch die Vorhersage zukünftigen Erlebens und werden somit zum Prototyp für die Bildung späterer Beziehungen.
Arbeitsmodelle determinieren inwieweit jemand Nähe und Sicherheit erwartet und sich selbst der Zuwendung, der Liebe und Aufmerksamkeit wert fühlt, also Nähe zulassen kann. Sie formen ebenfalls die spätere Organisation der Persönlichkeit, der Gedanken und Sprache, der Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses; die emotionalen und sozialen Regulationsprozesse; sowie die Strategien des Umgangs mit den Bindungspersonen.
Arbeitsmodelle enthalten sowohl kognitive als auch affektive Komponenten und schließen bewusstes und unbewusstes Wissen über Bindungserfahrungen, sowie Vorstellungen und Erwartungen über die Vertrauenswürdigkeit der Umwelt und wie liebenswert die eigenen Person angesehen wird mit ein.
Das Kind bildet in den ersten Lebensjahren innere Modelle des Verhaltens und der damit verbundenen Affekte von sich und der Bindungsperson aus. Die Arbeitsmodelle des Kindes machen das Verhalten der Bindungsperson vorhersagbar (z.B. wenn ich weine, kommt Mama mich trösten). Für jede Bindungsperson existiert eigenes Modell, das anfangs flexibel, in der Entwicklung jedoch zunehmend stabilisiert ist. Arbeitsmodelle beeinflussen späteres Beziehungsverhalten (Partnerschaft, Familie).
Das Arbeitsmodell von der Welt umfasst die Vorstellung, wer die Bindungspersonen sind, wo sie zu finden sind und wie sie wahrscheinlich reagieren werden. Das Arbeitsmodell vom Selbst enthält Vorstellungen darüber wie akzeptabel man in den Augen seiner Bezugspersonen ist, was Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein nach sich zieht
Die mit den früheren Beziehungserfahrungen (Arbeitsmodelle) einhergehenden Bindungsqualitäten haben sich als maßgeblich erwiesen für:
- die Empathiefähigkeit von Kindern
- soziale Kompetenz von Kindern
- den Umgang mit den eigenen Kindern
- die Anfälligkeit für psychopathologische Störungen
- die Gestaltung von Liebesbeziehungen
- die Entwicklung von kognitiven, reflexiven Fähigkeiten