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Psychischer Hospitalismus

Das Phänomen des psychischen Hospitalismus wurde in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts von René Spitz geprägt, der anhand von Heimkindern, die er in den großen Findelhäusern beobachtete  die Auswirkungen psychischer Verwahrlosung wegen der „totalen“ Entbehrung der mütterlichen Zuwendung, dokumentierte.

Spitz beobachtete damals Säuglinge, die nach dem 3. Lebensmonat von der Mutter getrennt wurden und fortan unter einwandfreien Ernährungsbedingungen und guter Pflege in dem Heim betreut wurden.  Da aber pro Schwester bis zu 15 Kinder anvertraut wurden, konnten die Kinder nicht im Geringsten die Zuwendung und den körperlichen Kontakt erhalten, den sie für eine gesunde Entwicklung benötigt hätten.

Aus diesen Fakten geht zusammenfassend hervor, dass die Kinder nur die allernötigsten Überlebensbedürfnisse erfüllt bekamen, dabei aber jegliche Emotionalität, mütterliche Fürsorge und Mangel an äußeren Reizen für jedes einzelne Kind fehlte und dadurch soziale, sensorische und emotionale Defizite beim Kind entstanden. Aufgrund dessen „verhungerten“ die Säuglinge psychisch und körperlich, teilweise bis zum frühzeitigen Tod. Dabei traten beispielsweise folgende Hospitalismusschäden bei den Kindern auf, wie etwa verlangsamte Motorik, passive Grundstimmung und Apathie, Regression, Infektionsanfälligkeit, Störungen der Wahrnehmung und Lernstörungen. Diese aufgezählten Folgen sind nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Ausmaß, was die Entbehrung von Liebe und eine reizarme Umwelt mit sich bringt.

Diese Erkenntnisse der Hospitalismusforschung konnten mit der Zeit auf die Krankenhaussituation, bei der das Kind früher ebenfalls lange Zeit von der Mutter getrennt wurde ohne zwischenzeitlichen Kontakt, übertragen werden, sodass sich die Reaktionen und kindlichen Verhaltensweisen erklären ließen und darauf aufbauend Maßnahmen ergriffen werden konnten um diese Hospitalismusschäden zu verhindern. Die auftretenden Entwicklungsverzögerungen und Verhaltensstörungen, bei länger andauernden Krankenhausaufenthalten,  traten infolge von unpersönlicher Betreuung, mangelhafter individueller Zuwendung oder nach der Trennung von den Eltern auf, wodurch das „Urvertrauen“ der Kinder zu den Eltern, aufgrund von Enttäuschungen oder Entzug emotionaler Zuwendung,  frühzeitig zerstört wird. (qu 5)

Anlässlich dieser Erkenntnisse wurden Maßnahmen zur Verbesserung der Krankenhausumgebung durchgesetzt um dem Hospitalismus vorzubeugen und dem Kind einen angenehmen Aufenthalt im Krankenhaus zu gestalten.  Auf einige Veränderungen in der Organisation bei der Behandlung und Betreuung von Kindern im Krankenhaus werde ich später noch zu sprechen kommen.

Geschrieben am 09.03.2009 in
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